Der Aufenthalt auf der MIR


4. Oktober 1991

Nach der herzlichen Begrüßung – traditionsgemäß mit Brot und Salz – wurden den neu angekommenen Kosmonauten Grußtelegramme des Staatspräsidenten der UdSSR, Michail Gorbatschov, und des Präsidenten der RSFSR, Boris Jelzin, übermittelt.

Eine Erdumkreisung nach der Begrüßung stand ein Live-Gespräch Franz Viehböcks mit dem österreichischen Bundespräsidenten Dr. Kurt Waldheim auf dem Programm. Der österreichische Bundespräsident konnte sich persönlich davon überzeugen, das Franz Viehböck heil auf MIR angekommen ist.

Live-Gespräch zwischen Franz Viehböck und dem österreichischen Bundespräsidenten Dr. Kurt Waldheim. Foto: BMBWK, Wien

Die ersten Stunden an Bord von MIR verbrachte Franz Viehböck gemeinsam mit seinen sowjetischen Kollegen damit, Güter von Sojus TM-13 in die Raumstation zu bringen und sich mit seiner neuen Umgebung vertraut zu machen.

Am Nachmittag des ersten Tages im Weltraum begann Franz Viehböck mit der Durchführung des ersten Experimentes. Das von der Universitätsklinik für Neurologie Innsbruck vorbereitete Experiment COGIMIR beschäftigte sich mit den Veränderungen der kognitiven Leistungen des Menschen im Weltraum.

5. Oktober 1991

Am 5. Oktober begann der Arbeitstag an Bord des Orbitalkomplexes MIR um 8 Uhr ZUP-Zeit, und er dauerte bis 23:00 Uhr. Sowohl Franz Viehböck als auch die sowjetischen Kosmonauten widmeten sich in erster Linie medizinischen Experimenten.

Franz Viehböck in einer Experimentpause. Foto: BMBWK, Wien

Bei den medizinischen Experimenten handelte es sich durchwegs um Untersuchungen von physiologischen Reaktionen des Organismus auf die Schwerelosigkeit, die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht oder nur ungenügend erforscht worden sind.

Der Großteil der medizinischen Experimente – bezeichnet als Block I und Block II – wurden sowohl am zweiten als auch am fünften Tag des Raumfluges durchgeführt. Unter Block I sind die gleichzeitig durchgeführten Experimente AUDIMIR, MONIMIR und OPTOVERT zusammengefasst, unter Block II die ebenfalls gleichzeitig durchgeführten Experimente MIKROVIB, PULSTRANS, und MOTOMIR.

6. Oktober 1991

Die physikalisch-technologischen Experimente LOGION und MIGMAS-A waren die wissenschaftlichen Schwerpunkte des dritten Tages. Daneben hatte Franz Viehböck eine Reihe von gesellschaftlichen Verpflichtungen zu bewältigen.

Nach der Erfüllung der wissenschaftlichen Aufgaben stand Öffentlichkeitsarbeit auf dem Programm. Am Vormittag gab die gesamte Crew eine Pressekonferenz für sowjetische und ausländische Journalisten im Flugleitzentrum. Kurz vor Ende der Übertragung wurde mit Hilfe von VIDEOMIR auch eine Verbindung mit Wien und Graz hergestellt.

Die versammelte Kosmonautencrew: T. Aubakirov, F. Viehböck, A. Arzebarskij, A. Volkov, S. Krikaljov (von unten mitte im Uhrzeigersinn). Foto: BMBWK, Wien

Franz Viehböck hatte eine Reihe von symbolischen Gegenständen, unter anderem Wimpel, Geschenks- und Erinnerungsmedaillen, Faksimiles der Ostarrichi-Urkunden und ausgewählte Seiten aus neun wertvollen Mozart Partituren aus dem 19. und 20. Jahrhundert, mit an Bord gebracht. Als Zeugen des Allflugs werden diese Gegenstände das einmalige Ereignis auch für die Zukunft bewahren.

Am dritten Tag auf der MIR packte Franz Viehböck die Partiturblätter aus und entrollte sie. Anschließend stempelte er die zehn Faksimiles der Ostarrichi-Urkunde und präsentierte eine davon vor dem Hintergrund einer an der Wand der Raumstation befestigten rot-weiß-roten Flagge.

Einer Tradition zufolge lädt der Gastkosmonaut die Besatzung der Raumstation zu einem gemeinsamen Gastmahl. Franz Viehböck konnte seinen Kollegen eine kräftige österreichische Mahlzeit servieren: Brot und steirischen Speck, Wiener Reisfleisch, Mineralwasser aus Niederösterreich sowie als Nachtisch Salzburger Mozartkugeln und Kaffee.

Franz Viehböck beim Auspacken des österreichischen Gastmahls. Foto: BMBWK, Wien
7. Oktober 1991

Am Vormittag des vierten Tages hatte Franz Viehböck zum zweiten Mal Gelegenheit, mit Hilfe der Fernerkundungseinrichtungen der Raumstation MIR österreichisches Gebiet zu photographieren. Die Aufnahmen wurden im Rahmen des Experiments FEM ausgewertet.

Nach der Durchführung des Fernerkundungsexperimentes FEM wurde Franz Viehböck für kurze Zeit zum Postbeamten. Er stempelte die dreißig mitgebrachten Kuverts mit AUSTROMIR-Sonderpostmarken, fünfundzwanzig QSL-Karten und zehn Urkunden für die am Projekt AREMIR beteiligten Schulen. Diesen Dokumenten wurden ein spezieller AUSTROMIR-Stempel mit der Bezeichnung TROMIR und der Original-MIR-Bordstempel aufgedrückt.

Aleksandr Volkov und Franz Viehböck beim Abstempeln der Bordpost mit dem AUSTROMIR-Stempel TROMIR. Foto: BMBWK, Wien

Am Nachmittag stand das Experiment BODYFLUIDS auf dem Programm. Bei der Planung gab es aber unerwartete Schwierigkeiten. Ein sowjetischer Kollege sollte Viehböck Blut abnehmen. Da dies aber nach den damaligen sojwetischen Vorschriften verboten war, durfte sich Franz Viehböck, nach einer Kurzausbildung und einer Prüfung vor der Kommission der Österreichischen Ärztekammer, das Blut selbst abnehmen.

8. Oktober 1991

Am vorletzten Tag an Bord von MIR standen nochmals medizinische Experimente im Vordergrund. In den Morgenstunden durfte Franz Viehböck seine Aufgaben im Schlaf, der überwacht wurde, erledigen. Am Vormittag führte er gemeinsam mit Alexandr Volkov den zweiten Durchgang der Experimente AUDIMIR, MONIMIR und OPTOVERT (Block I) durch. Nach dem Mittagessen setzten sie mit BLOCK II der medizinischen Experimente fort. Auch die Experimente MIKROVIB, PULSTRANS und MOTOMIR sind am zweiten Flugtag schon einmal durchgeführt worden.

9. Oktober 1991

Am 9. Oktober bereiteten die Kosmonauten an Bord des Raumtransporters Sojus TM-12 alles für die Rückkehr zur Erde vor. Genau genommen haben diese Vorbereitungen sofort nach der Ankunft auf der MIR begonnen. Dabei handelte es sich um eine Vorsichtsmaßnahme, denn im Notfall mußte die Besatzung die Raumstation jederzeit verlassen können. Als erstes sind die für jeden Raumfahrer individuell konstruierten Sitze von TM-13 ausgebaut und an Bord gebracht worden, dann nach und nach die für die Rückkehr vorgesehene Nutzlast. Jetzt verstauten die Kosmonauten die letzten Teile der Ausrüstung im Landeapparat, während für Abfälle ein Teil des Transporters vorgesehen war, der beim Eintritt in die Erdatmosphäre verglüht. Franz Viehböck führte nochmals das Experiment COGIMIR durch. Anschließend sprach die Crew mit einem sowjetischen TV-Kommentator über die Bilanz ihrer Mission im Weltraum.

Franz Viehböck beim Transferieren seines Raumanzuges von Sojus TM-13 nach Sojus TM-12. Foto: BMBWK, Wien
10. Oktober 1991

Am 9. Oktober nach dem Mittagessen ruhten sich die Kosmonauten aus, um für die anstrengende Rückkehr zur Erde fit zu sein. Um 22:00 Uhr ZUP-Zeit (20:00 Uhr MEZ) entkonservierten sie den Transporter Sojus TM-12, mit dem Franz Viehböck gemeinsam mit den sowjetischen Kosmonauten Arzebarskij und Aubakirov zur Erde zurückkehren werden. Von seinem Kommandanten Aleksandr Volkov mußte sich Franz Viehböck verabschieden, da dieser bis März 1992 auf der MIR blieb.

Am 10. Oktober ab 00:30 Uhr ZUP-Zeit (22:30 Uhr MEZ) übertrug das Fernsehen die Verabschiedung der Crews und die letzten Vorbereitungen der „Heimkehrermannschaft“. Die Kosmonauten schlossen die Luke zwischen dem Transporter und der Station und kontrollierten die Dichtheit der Durchgangsluken. Sie zogen ihre Raumanzüge an und stiegen vom Wohnbereich von Sojus TM-12 in den Landeapparat um. Das Abkoppeln des Transportes von der Raumstation MIR erfolgte um 03:52 Uhr ZUP-Zeit (01:52 Uhr MEZ).